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Ärzte- und Psychotherapeuten Info

Hilfe für schwer psychisch Kranke durch Ambulante Soziotherapie

Sehr geehrte Ärzte und Ärztinnen, Psychologische Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten, verehrte KollegInnen,

herzlichen Dank, dass Sie sich für die „Vermeidung oder Verkürzung von Krankenhaus-Behandlungen“ Ihrer psychisch erkrankten Patienten interessieren! Im Folgenden skizzieren wir (Schritt für Schritt), wie Sie dies – durch Ihre Verordnung von „Ambulanter Soziotherapie“ – erreichen können. Dies geschieht durch den Aufbau einer weiteren hilfreichen Beziehung (zu Sozial-Pädagogen oder Fach-Pflegekräften für Psychiatrie), um insbes. die Inanspruchnahme ärztlicher bzw. psychotherapeutischer Leistungen, Verselbständigung, frühzeitige Wahrnehmung von Krankheitszeichen und soziale Kompetenz zu stärken. Wichtig: Ambulante Soziotherapie belastet nicht Ihre Budgets, da deren Verordnung außerhalb von patienten-/praxisbezogenen Kassen-Budgets erfolgt:

Ambulante Soziotherapie
kann von niedergelassenen Psychiatern/Kinder- und Jugend-Psychiatern/PIAs/Fachärzten für Psychosomatische Medizin/Nervenärzten/Neurologen, weiter von jeder Psychologischen PsychotherapeutIn  und in besonderen Fällen von jedem Kassenarzt oder Hausarzt gem. § 37a SGB V verordnet werden:

Und zwar vorwiegend für folgende[1] Diagnosen (mit psychotischen Symptomen und GAF ca. 40):

  • Schizophrenie F20.0 bis F20.6
  • Schizotype Störung F21
  • Anhaltende wahnhafte Störung F22
  • Induzierte wahnhafte Störung F24
  • Schizoaffektive Störung F25
  • Gegenwärtig schwere depressive Episode mit psychotischen Symptomen im Rahmen einer bipolar affektiven Störung F31.5
  • schwere depressive Episode mit psychotischen Symptomen F32.3
  • Gegenwärtig schwer depressive Episode mit psychotischen Symptomen im Rahmen einer rezidivierenden Störung F33.3

Gemäß der seit dem 15.04.2015 aktualisierten Soziotherapie-Richtlinie sind in „begründeten Einzelfällen“ auch alle anderen psychiatrischen Diagnosen (ICD-10:  F00 – F99) verordnungsfähig, d.h. wenn der Patient sogar noch kränker ist (also GAF-Wert < 40) und insbes. wenn „relevante Co-Morbiditäten“ (psychiatrische und/oder somatische) vorliegen.
D.h. auch psychosomatische Patienten (mit einer F-Diagnose nach ICD-10) können nun Amb. Soziotherapie erhalten.

 

Checkliste für die Verordnung (VO)[2], [3] (mit Voraussetzungen, Hinweisen und Umfang) :

Soziotherapie-Anbieter (der Soziotherapie-Vertrag mit Krankenkassen hat) ist vorhanden
und dessen Fahrtzeit ist nicht zu lang, um den Patienten  zu Hause aufsuchen.
(Prinzipiell auch möglich von einem Bundesland in ein benachbartes Bundesland.)

Jeder Kassenarzt[4] (und damit auch der Hausarzt) kann 5 Stunden verordnen, um – über Soziotherapie –  Kontakt zu Psychiater/Neurologen/“Psy-Facharzt (s.o.)“  einzuleiten, damit Psychiater/Neurologe dann (mit-)behandelt und Folge-VO ausstellt. Keine Genehmigung für die VO von KV oder Krankenkasse für diese ersten 5 (Überleitungs-) Stunden nötig! Es reicht, wenn der Hausarzt den begründeten Verdacht hat, dass eine verordnungsrelevante Indikation vorliegen könnte.

Abrechnungsziffer:  EBM 30800

Der berechtigte Verordner(s.o.)“  kann bis zu 120 Stunden in 3 Jahren verordnen, nachdem sein Antrag (auf Befugnis zur Soziotherapie-VO)  durch seine KV genehmigt[5] wurde. Hierzu muss der  Psychiater/Neurologe im Antrag nachweisen, dass er mit einem „gemeindepsychiatrischen Verbund“ oder „vergleichbarer Versorgungsstruktur[6] (z.B. Zusammenarbeit mit einem psychiatrischen Wohnheim und insbes. mit einem SpDi) kooperiert[7].  Seine VO muss er im Ergebnis kontrollieren und evtl. (in Absprache mit dem Soziotherapie-Leistungserbringer) anpassen.
Oft werden zunächst 5 Probestunden verordnet. Dann werden auf der Grundlage des vom Verordner autorisierten  „soziotherapeutischen Betreuungsplans“ jeweils 30 Therapiestunden durch diesen Verordner verordnet, bei denen die vorangehenden 5 Probestunden berücksichtigt werden. Die ersten fünf Probestunden bedürfen nicht der Genehmigung durch die Krankenkasse. Erst die Folgeverordnung von 25 Stunden, der die Verordnung von 5 Probestunden sowie der inzwischen erarbeitete Betreuungsplan beigefügt wird, bedarf der Genehmigung.

Abrechnungsziffern: Erst-VO: EBM 30810, Folge-VO: EBM 30811 [8]
f
ür Psych. Psychotherapeuten GOP 30810 und GOP 30811


Krankheitsbedingte Fähigkeitsstörungen müssen gegeben sein
(in mindestens einem u.g. Bereich):

  • Störungen des Antriebs, der Ausdauer und Belastbarkeit
  • Störungen von Konzentration und Merkfähigkeit
  • Störungen bei Krankheitseinsicht und -Bewältigung
  • Störungen der Kontaktfähigkeit und der Konfliktlösungsmöglichkeit


GAF-Skala
[i]  (Global Assessment of Functioning): ca. 40 Punkte (max. 50 Punkte):
Das (psychosoziale) Funktionieren ist auf dieser Skala (von 1-100 Punkten) deutlich eingeschränkt, es darf (für VO von Amb. Soziotherapie) 50 Punkte nicht überschreiten.

VO muss binnen 3 Werktagen bei der Krankenkasse sein
(Empfehlung: Vorab per Fax, dann Original per Post an Krankenkasse schicken.)

Hinweis:  Amb. Soziotherapie wird in S3-Leitlininien[9] der Fachgesellschaft DGPPN  empfohlen
(= wissenschaftlich abgesichert):

(Siehe dazu und zur Art der Hilfen auf unserer Homepage: „Leistungsbeschreibung“.)

Hinweis: Soziotherapie-Anbieter werden i.d.R. Ihre Praxis sehr unterstützen, insbes. bei Fragen zu den Voraussetzungen und  beim Ausfüllen der Formulare.

 

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,

ich würde mich freuen, wenn Ambulante Soziotherapie-Anbieter dazu beitragen könnten,  dass – mit Ihrer Hilfe und mit Ihrer ärztlichen Koordination – es bei Ihren psychiatrischen und psychosomatischen Patienten zur deutlichen Besserung des Befindens kommt (die nach unserer langjährigen Erfahrung zu erwarten ist, wie auch nach Studien und S3-Leitlinien).

 

Ihr

Dr. med. Nicolas Nowack

Vorstand für die Zusammenarbeit mit der Ärzteschaft
im Berufsverband der Soziotherapeuten e.V.

 

 

 

 

[1]
Innerhalb von Projekten der Integrierten Versorgung gem. § 140 a-d SGB V werden zumeist alle psychiatrischen Indikationen in die Behandlung einbezogen. Die Erfahrungen zeigen, dass die durch die Soziotherapie-Richtlinien gezogenen Eingrenzungen fachlich nicht gerechtfertigt sind.

[2]

[2]Siehe das Verordnungsblatt zur Überweisung zum Facharzt

 

 

[3]

[3]Siehe das Verordnungsblatt von Soziotherapie sowie das Formblatt zum     Betreuungsplan.

 

 

[4]

[4] niedergelassene – nur privat liquidierende – Psychiater/Nervenärzte oder andere Ärzte können (wie sonst auch) nur für Privatversicherte verordnen

 

 

[5]

[5] Ohne Genehmigung der KV kann der Psychiater/Nervenarzt (so wie jeder andere Kassenarzt) nur 5 Stunden verordnen und nur die EBM-Ziffer 30800 abrechnen.

 

 

[6]

[6] anderes ausreichendes Beispiel für „vergleichbare Versorgungsstruktur“ ist die Mitarbeit des Psychiaters/Nervenarztes  in seiner regionalen Psychosozialen Arbeitsgemeinschaft (PSAG)

 

 

[7]

[7] Aus aktuellen „Soziotherapie-Richtlinien“ (2015):

 

  • 4 Ärztliche Verordnung

(1)                    Die Befugnis zur Verordnung von Soziotherapie bedarf der Genehmigung durch die Kassenärztliche Vereinigung. Die Genehmigung ist auf Antrag zu erteilen, wenn die Antragstellerin oder der Antragsteller nachweist, dass sie oder er die im Folgenden aufgeführten Voraussetzungen erfüllt. Die verordnende Ärztin oder der verordnende Arzt muss in der Lage sein, die Indikation für die Soziotherapie (einschließlich der Feststellung, ob dadurch ggf. Krankenhausbehandlung vermieden oder verkürzt werden kann oder wenn diese geboten, aber nicht ausführbar ist) zu stellen, deren Ablauf und Erfolg zu kontrollieren und in Absprache mit dem soziotherapeutischen Leistungserbringer gegebenenfalls notwendige fachliche Korrekturen am soziotherapeutischen Betreuungsplan vorzunehmen.
www.g-ba.de/informationen/richtlinien/24/

Bitte stellen Sie einen Antrag bei der Kassenärztlichen Vereinigung, um Soziotherapie verordnen zu dürfen.

 

 

 

 

 

[8]
[8] Die Gebührenordnungsposition EBM 30811 ist im Behandlungsfall (Quartal) höchstens zweimal berechnungsfähig.

 

[9]
DGPPN – Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie und Nervenheilkunde (Hrsg.) (2013).
S3-Leitlinie Psychosoziale Therapien bei schweren psychischen Erkrankungen
(S. 16-17, 39-52 ). Berlin, Heidelberg: Springer Medizin.

Anm.: Diese Leitlinie wurde unter Beteiligung unseres Verbandes entwickelt (neben einer Vielzahl beteiligter Verbände und Einzel-Experten).

Anm.: Die zugrunde gelegten Meta-Analysen stammen oft aus dem anglo-amerikanischen Bereich mit ambulanten Behandlungsverfahren, die der Ambulanten Soziotherapie weitgehend entsprechen. Dabei erreichten die vergleichbaren Ansätze meist die höchste wissenschaftliche Evidenz, d.h. Empfehlungsgrad: A, Evidenzebene: Ia.

[i]

            GAF-Skala (Global Assessment of Functioning):